pte20080801025 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Geheimnis der Herpes-Viren entschlüsselt

Kryo-Elektronentomographie bietet Einblicke in Infektionsvorgang


3D-Struktur eines Herpes-Virus (Foto: K. Grünewald/biochem-mpg.de)
3D-Struktur eines Herpes-Virus (Foto: K. Grünewald/biochem-mpg.de)

Martinsried/Hannover (pte025/01.08.2008/15:59) Einem Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Biochemie http://www.biochem.mpg.de und der Medizinischen Hochschule Hannover http://www.mh-hannover.de ist ein wesentlicher Schritt in der Erforschung einer Virus-Attacke gelungen. Mit Hilfe von Elektronentomographischen Aufnahmen konnten sie molekulare Details des Infektionsvorgangs auf zellulärer Ebene identifizieren. Die Forscher konnten etwa erstmals detailliert zeigen, wie das Virus seine Wirtszelle befällt und in sie eindringt. Die Forschungsergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences PNAS veröffentlicht.

Als Studienobjekt haben die Max-Plack-Forscher Kay Grünewald, Ulrike Maurer sowie Beate Sodeik von der Medizinischen Hochschule in Hannover das Herpes Simplex Virus-1 gewählt. Dieses zu einer großen Familie gehörende Virus, ruft nicht nur Herpes-Bläschen am Mund hervor, sondern ist neben Windpocken, Gürtelrose und Karzinomen für mehr als 60 verschiedene Krankheitsbilder bei Mensch oder Tier verantwortlich. Herpesviren etablieren sich nach einer Infektion lebenslang im Organismus und können immer wieder erneut zum Ausbruch einer Krankheit führen. Da die Viren sich nicht selbständig vermehren können, müssen sie Wirtszellen infizieren und deren Stoffwechsel umprogrammieren, damit diese viele neue Viren produzieren und freisetzen können.

Zunächst haben die Forscher die Anheftung des Herpesvirus im Elektronenmikroskop untersucht. Während einer Infektion heftet sich das Virus nämlich an die Wirtszelle an und bringt seine genetische Information - die DNA oder RNA - in die Zelle. Die DNA oder RNA des Virus sorgt dafür, dass zelluläre Prozesse auf die Virusvermehrung ausgerichtet werden, wobei die Zelle selbst dabei in der Regel zugrunde geht. Die Wissenschaftler konnten auch identifizieren, welche Proteinstrukturen an der Infektion beteiligt sind. Die Erkenntnisse haben dazu geführt, den bereits früher beschriebenen asymmetrischen Aufbau der Proteinhüllen des Herpes Simplex Virus zu verstehen. Die detaillierte Beschreibung der Herpes-Infektion von Zellen ist nicht für Struktur- und Zellbiologen sowie Virologen interessant, sondern liefert auch Pharmakologen neue Ansatzpunkte für zukünftige Medikamente.

"Für die Untersuchungen haben die Forscher die Technik der Kryo-Elektronentomographie verwendet", so Eva-Maria Diehl, Pressesprecherin des Max-Planck-Institut für Biochemie im pressetext-Interview. "Bei üblicher Elektronenmikroskopie müssen die Objekte fixiert werden, das heißt, ihnen wird Wasser entzogen und durch Ethanol oder Aceton ersetzt, ehe die Proben in Kunstharzen eingebettet werden." Das bedeute, dass man keine natürliche Zelle mehr vor sich habe, denn durch das Entwässern und Fixieren können sich wesentliche Strukturen verändern. "Die Kryo-Elektronentomographie ermöglicht hingegen das Betrachten von Strukturen innerhalb einer intakten Zelle, also 'live' und lebensnah, im schockgefrorenen Zustand - bei minus 195 Grad Celsius - und mit einer Auflösung von wenigen Nanometern."

Zudem können bei dieser Technologie aus zweidimensionalen Bildern dann 3D-Rekonstruktionen errechnet werden. "Während in der medizinischen Anwendung der Computertomographie die Kamera sich um den Patienten dreht und Aufnahmen aus allen Winkeln macht, wird bei der Kryo-Elektronentomographie die zu untersuchende Probe gekippt und dem Elektronenstrahl aus verschiedenen Winkeln ausgesetzt", erklärt Diehl. Die Technik wurde in der Abteilung Molekulare Strukturbiologie am MPI für Biochemie entwickelt", so Diehl abschließend gegenüber pressetext.

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