pte20080718002 Medien/Kommunikation, Technologie/Digitalisierung

Online-Plattform entlarvt böse Nachbarn

"Angebot ist moralisch und rechtlich sehr bedenklich"


Laut Rottenneighbor.com dominieren in Berlin böse Nachbarn (Foto: rottenneighbor.com)
Laut Rottenneighbor.com dominieren in Berlin böse Nachbarn (Foto: rottenneighbor.com)

Santa Barbara (pte002/18.07.2008/06:05) Die US-amerikanische Online-Plattform Rottenneighbor.com http://www.rottenneighbor.com sorgt nicht nur in den USA für Aufsehen. Auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz loggen sich zunehmend mehr Menschen auf der Internetseite ein, um über die Verhältnisse innerhalb der eigenen Nachbarschaft Auskunft zu geben. Die Idee des Webportals: Nutzer sollen sich vor einem Umzug über die Bedingungen in der zukünftigen Wohngegend informieren können. Mitglieder der Rottenneighbor-Community setzen hierfür bestimmte Markierungen auf die entsprechenden Orte einer Google-Maps-Satellitendarstellung. Die Farbe des Markers gibt dann Aufschluss darüber, ob ein potenzieller Nachbar sich als solcher gut verhält oder nicht. Ein rotes Haus steht beispielsweise für einen bösen Nachbarn, Interessenten sollten folglich diese Wohngegend eher meiden. Bei einem Klick auf das Symbol erhält der Nutzer zudem nähere Informationen zu den Gründen der abgegebenen Wertung. Die Absicht des aus den USA stammenden Betreibers ist es nach eigenen Angaben, das wachsende Sicherheitsbedürfnis der Menschen auch am Immobilienmarkt zu befriedigen.

"Hinter dieser Plattform verbirgt sich nichts anderes als die moderne Methode des Blockwart-Systems, das wir aus der Zeit des Nationalsozialismus kennen", erklärt Hans Zeger, Obmann des Vereins für Datenschutz Arge Daten http://www.argedaten.at , im Gespräch mit pressetext. Die Argumentation des Seitenbetreibers, dass der Online-Dienst lediglich eine Reaktion auf den zunehmenden Wunsch der Menschen nach Sicherheit sei, kann Zeger nicht nachvollziehen. "Das ist keine Frage von Sicherheit, sondern eine des Zusammenlebens. Außerdem kann nicht garantiert werden, dass die so abgegebenen Kommentare der Wirklichkeit entsprechen. Das sind im Grunde nichts anderes als subjektive Einschätzungen der Nutzer", kritisiert Zeger.

Neben moralischen Aspekten seien in diesem Zusammenhang aber vor allem auch rechtliche zu bedenken. "Sofern sich die auf der Seite veröffentlichten Kommentare auf eindeutig bestimmbare Personen beziehen, ist der Dienst etwa nach geltendem österreichischen Recht illegal", stellt Zeger fest. Da der verantwortliche Betreiber aber aus den USA stammt, sei eine rechtliche Verfolgung im aktuell vorliegenden Fall äußerst schwierig. "Ein solches Angebot wäre in Deutschland sicher rechtlich problematisch. Nicht nur, dass es hier um Beleidigungen und Verleumdungen geht. Auch der Wert bestimmter Immobilien könnte durch diese Internetseite deutlich sinken", stellt auch Verena Eckert, Rechtsexpertin der IT-Recht-Kanzlei http://www.it-recht-kanzlei.de , gegenüber pressetext fest. Die betroffenen Personen, Geschäftsleute und Hausbesitzer würden sicher prüfen, ob sie Schadenersatzansprüche geltend machen können und beim Vorlegen geeigneter Beweise dürfte ihnen das auch gelingen, so Eckert.

Das Bild, das sich gegenwärtig auf Rottenneighbor.com zeigt, ist recht einseitig. So finden sich etwa im Großraum Berlin mittlerweile über 20 Markierungen. Nur wenige davon sind grüne Häuschen, die große Mehrheit kennzeichnet böse Nachbarn. Laut einer Eintragung würden etwa in der geschichtsträchtigen Wilhelmstraße, wo unter anderem auch das Reichskanzleramt angesiedelt ist, Personen mit "asozialem Verhalten" verkehren, die "den Abend bis zum Sonnenaufgang mit viel Qualm und Lärm ausklingen lassen". Auch in Zürich und Wien finden sich ähnliche negative Einträge. Nach Beschwerden von Menschen, die sich zu Unrecht attackiert fühlten, musste der Betreiber auf der Seite nachträglich eine Möglichkeit einfügen, durch die ein Posting auch wieder entfernt werden kann. Um einen Eintrag zu löschen, müssen mehrere Nutzer auf den Button "flag for removal" klicken.

(Ende)
Aussender: pressetext.austria
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